Kerndaten:
Titel
des Objekts: Mittelalterliche Synagoge
Adresse:
Markt 24
Datierung:
Anfang des 13. Jahrhunderts errichtet; im späten 13. und im frühen 14.
Jahrhundert zur Synagoge ausgebaut; 1452 abgerissen
Architekt:
unbekannt
Bemerkenswert:
Der Glaskubus, welcher die Reste der Synagoge vor äußeren Einflüssen schützen
soll, wurde von dem Architekturbüro Schultze und Schulze geplant und 2001
errichtet.
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Das Gebäude der Synagoge am Marburger
Obermarkt wurde um das Jahr 1200 errichtet. Bis heute ist die Frage ungeklärt,
welche Funktion das Gebäude damals erfüllte und wann genau das Gebäude zur
Synagoge umgebaut wurde. Es sind nur wenige Quellen mit geringer Aussagekraft
vorhanden, sodass eine genaue Bestimmung der jüdischen Bevölkerung zu diesem
Zeitpunkt nicht möglich ist. Die erste Erwähnung einer Synagoge in Marburg im
13. Jahrhundert stammt aus dem 14. Jahrhundert und erst 18 Jahre später, also
1335, wurde ein Jude namentlich als Marburger Bürger benannt.
Die mittelalterliche Synagoge lag im
„Judenviertel“, welches sich, ähnlich wie in anderen deutschen Städten, in der
Nähe des Marktes befand. Die an die Synagoge angrenzende „Judengasse“ wurde in
der Zeit des Nationalsozialismus in „Schloßsteig“ umbenannt.
In zwei Bauphasen wurde das Gebäude zur
Synagoge umgebaut, nachdem zuvor Teile des Gebäudes bei den Stadtbränden in der
Mitte des 13. Jahrhunderts und im Jahr
1319 zerstört wurden. Dafür wurde der Raum eingewölbt und ein Kreuzrippengewölbe errichtet, wie Reste der Kreuzrippen und ein Gewölbeschlussstein in Form eines Davidsterns belegen. An der Ostwand
wurde eine Nische errichtet, die vermutlich als Thoraschrein diente. Außerdem
wurde das Niveau des Erdgeschosses nach unten verlegt. Dies war nötig, da es im
Mittelalter zumeist verboten wurde, in der Nähe von Kirchen Gebäude zu
errichten, die mit ihnen in Größe und Aussehen konkurrierten. Um den
entsprechenden Höhenverlust des Innenraumes auszugleichen, wurde das Niveau des
Erdgeschosses unter die Erdoberfläche verlegt. Im 14. Jahrhundert errichtete
man in der Westhälfte des Betraums ein Podest, welches möglicherweise als Frauenempore genutzt
wurde.
Die Außenwand der Synagoge,
welche im Mittelalter von christlicher Seite häufig als „Judenschulen“
bezeichnet wurden, bestand wahrscheinlich aus einer schlichten Steinschicht.
Ähnlich wie andere mittelalterliche Synagogen im deutschen Raum könnte die
Marburger Synagoge Strebepfeiler besessen haben, die diese zusätzlich von den anderen Gebäuden der
Stadt unterschied, sowie eine Apsis, die den Thoraschrein umgab.
1452, nach der Vertreibung der Juden
aus der Stadt, wurde die Synagoge abgerissen. Teile des Mauerwerks wurden für
die Erneuerung der Kirchhofsmauer der Kilianskirche wiederverwendet. Heute sind nur
noch die jüngsten Fundamente sowie Teile des Erdgeschosses, des
Eingangsbereiches und des Kreuzrippengewölbes erhalten, die zwischen 1993-1998
freigelegt und archäologisch untersucht wurden. Die Überreste der ehemaligen Synagoge
sind seit 2001 mit einem 4,30 m hohen Glaskubus umrahmt, welcher die Ruine vor
den Einwirkungen des Wetters schützen und die Größe des zerstörten Gebäudes
zeigen soll. Die Ruine wird so zu einem Denkmal, welches an die Synagoge und
die Geschichte des Judentums in Marburg erinnern soll.
Pauline Voigt