5 Campus Lahnberge

Kerndaten:
Titel des Objekts: Campus Lahnberge
Adresse: Karl-von-Frisch-Straße und Hans-Meerwein-Straße, 35032 Marburg
Datierung: 1961 – 1963
Architekt/Baumeister: Helmut Spieker, Kurt Schneider, Winfried Scholl

    Als Anfang der 60er Jahre die Zulassungsvoraussetzungen an den Universitäten gelockert wurden, stieg auch in Marburg die Zahl der Studierenden in raschem Tempo an. Da die universitären Anlagen in der Stadt im engen Lahntal nicht mehr genug Raum für alle Studierenden boten, wurden 1961 Baumaßnahmen zur Erweiterung der Institutsbauten beschlossen. Platzmangel herrschte vor allem bei den Naturwissenschaften und so sollten Physik, Chemie, Medizin, Biologie, Pharmazie und Informatik auf den Lahnbergen ihr neues Zuhause finden. In den ersten Planungszügen war eine vollständige räumliche Trennung von Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften vorgesehen, die jedoch nicht vollständig realisiert wurde. Die Geisteswissenschaften bekamen die Philosophische Fakultät, kurz „PhilFak“ genannt, in der Wilhelm-Röpke-Straße. Schlussendlich zogen die Pharmazie und einige Bereiche der Medizin nicht mit auf die Lahnberge und auch die Physik blieb in der Oberstadt bestehen.

    Für die Planung des neuen Campus wurde durch die Architekten Helmut Spieker, Kurt Schneider und Winfried Scholl eigens ein neues System entwickelt: das „Marburger Bausystem“. Dieses System basiert auf der Anordnung von Rastern und sollte so ein günstiges und flexibles Bauen ermöglichen. In diesen Rastern werden Fertigbauteile aus Stahlbeton als tragende Struktur verwendet. Die Wände werden als Leichtbauelemente zwischen diesen freistehenden Stützen eingepasst und sollten dadurch veränderbar und den Bedürfnissen des Hochschulbetriebes anpassbar sein. Der Campus Lahnberge ist vor allem optisch maßgeblich durch den Sichtbeton der monumentalen Bauten geprägt.

    Die Institutsgebäude, wie das des Fachbereiches Chemie, sind hingegen alle in dem Prinzip der Skelettbauweise konzipiert. Dadurch und durch die großen Fensterflächen machen sie einen eher schlichten und weniger massiven Eindruck als zum Beispiel das Hörsaalgebäude, das mit seinen Pagodendächern und der Massivbauweise definitiv einen Blickfang darstellt. Den Grund dafür findet man in den Überlegungen des „Marburger Bausystems“ wieder. So sollte die ausgefallene Optik des Hörsaalgebäudes als Orientierungspunkt dienen und sich bewusst von den Institutsbauten abgrenzen. Mit der Orientierung kann man auf den Lahnbergen jedoch so seine Probleme bekommen. Da – anders als geplant – nicht alle Institute mit umzogen, sind zwischen den Gebäuden große Distanzen zu überwinden. Über gut 1,5 Kilometer erstreckt sich der Fußweg über den ganzen Campus. Außerdem sieht man den Gebäuden ihre Hauptfassade nicht immer auf Anhieb an, so dass schon mancher nach dem Eingang suchen musste. Jedoch wird sich das Erscheinungsbild des Campus Lahnberge in den nächsten Jahren entscheidend verändern, denn neben der Gefahr sich zu verlaufen, sind Mängel an der Bausubstanz und andere Planungsfehler die Gründe für eine großräumige Neugestaltung  des gesamten Geländes.

    Sandrina Klein